Per Joystick Rückfälle verhüten
9. Februar 2022 

Rückfall verhüten per Joystick?

Ein Rückfall nach erfolgreicher Entgiftung und Entwöhnung ist keine Seltenheit bei Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung. Studien zeigen: etwa 60 % der Rückfälle fallen in die Zeit des ersten halben Jahres nach einer Entwöhnungsbehandlung. Davon passiert die Mehrzahl im ersten Monat nach Therapieende. Umso wichtiger ist es, dem Thema Rückfallprophylaxe im Rahmen der Langzeittherapie besondere Bedeutung zu schenken. Dem Rückfall vorbeugen und sich mit möglichen Rückfallgeschehen auseinander zu setzen, um diesem im besten Fall vorbeugen zu können.

Unbewusstes Training löscht alte Muster

Als zusätzliches Behandlungsangebot bietet die Paracelsus Wiehengebirgsklinik mit dem Neurokontrolltraining ein computergestütztes neuropsychologisches Rückfallpräventionsprogramm. Alle Patientinnen und Patienten können dieses Training gegen den Rückfall ein Neurokontrolltraining, für alle Patientinnen und Patienten an. Bei dem PC-Training handelt es sich um ein alltagsorientiertes Behandlungsprogramm, um einem Rückfall suchtkranker Patientinnen und Patienten entgegenzuwirken.

Das PC-Training gegen den Rückfall basiert auf der Visualisierung von Bildmaterial. Je nach Indikation variieren die angezeigten Bilder zwischen alkoholischen oder polytoxen Bildern, wenn der Konsum von Cannabis oder Medikamenten im Vordergrund steht. Mithilfe eines Joysticks reagieren die Patientinnen und Patienten auf die präsentierten Bilder. „Es werden zum Beispiel zehn verschiedene alkoholische und zehn verschiedene alkoholfreie Getränke angezeigt. Die Reihenfolge erfolgt zufällig. Im Idealfall erfolgt eine automatische Ablehnung bei alkoholhaltigen Getränken und der Joystick wird weggeschoben. Bei alkoholfreien Getränken dagegen erfolgt eine Annäherung durch Heranziehen des Joysticks. Hinzu kommt, dass nach rechts geneigte Bilder vorab per Joystick weggeschoben werden müssen. Bilder, die nach links neigen, müssen herangezogen werden. Ziel ist eine möglichst schnelle Reaktion ohne Fehler“, erklärt Carsten Friedrichs, leitender Ergotherapeut. Friedrichs führt das Training gegen einen drohenden Rückfall an der Wiehengebirgsklinik durch.

Die jeweilige Reaktion mittels Joysticks werde zusätzlich verstärkt, indem die angezeigten Bilder bei Ablehnung kleiner und bei Annäherung größer auf dem Bildschirm erscheinen. In der ersten Einheit erfolgt eine Übung mit dreißig Bildern. In den darauffolgenden Sitzungen werden 240 Bilder in acht Minuten angezeigt. Die größte Schwierigkeit für die Patienten liege darin, so Friedrichs, sich auf die richtigen Inhalte zu konzentrieren. Die meisten seien auf bewusste Dinge trainiert. Beim Neurokontrolltraining gehe es allerdings um ein unbewusstes Training. Zudem hätten viele Patienten eine Rechts-/Linksschwäche, wodurch es in den Einheiten häufiger zu Schwierigkeiten kommen würde.

Im Alltag den Rückfall vermeiden

Durch redundantes Üben zielen die insgesamt sechs Trainingseinheiten darauf ab, neue Lernprozesse zu trainieren, die den mit Suchtverhalten assoziierten automatischen Prozessen entgegenstehen. Dazu gehört unter anderem, Suchtreflexe zu löschen, automatische Vermeidungstendenzen aufzubauen und die Aufmerksamkeit weg vom Alkohol, hin zu nichtalkoholischen Getränken zu trainieren. Die Rückmeldungen von Patienten ist beeindruckend: Mehrfach berichteten Patienten, dass sie nach durchlaufenem Neurokontrolltraining beim Einkauf im Supermarkt zu Hause unterbewusst dort verfügbare alkoholhaltige Getränke weggeschoben haben. Also genau das getan haben, was beim PC-Training gegen den Rückfall immer wieder trainiert wurde.  

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