Wer aus Angst vor allzu häufigem Harndrang nicht ausreichend trinkt, tut sich keinen Gefallen.
Wer unter einer sogenannten „schwachen Blase“ (Blasenschwäche) leidet, muss häufig (und oft auch sehr plötzlich und dringend) eine Toilette aufsuchen. Das ist nicht immer einfach, vor allem, wenn man nicht zu Hause ist. Daher reduzieren viele Menschen ihre Trinkmenge, um unkontrolliertem Harnverlust entgegenzuwirken. Das ist jedoch keine gute Idee: „Wer nicht ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt, produziert zwar weniger Urin, aber dieser ist dann sehr viel konzentrierter“, erklärt Oberarzt Dr. med. Stephan Siepmann, Oberarzt und Leiter des Kontinenzzentrums der Paracelsus Klinik Düsseldorf Golzheim. „Bakterien und andere Erreger werden nicht frühzeitig ausgespült, sondern verbleiben in der Blase und können Harnwegsinfektionen begünstigen. Auch die Gefahr, Blasen- und Nierensteine zu entwickeln, steigt an, wenn der Körper nicht mit genug Flüssigkeit versorgt wird“, so Oberarzt Siepmann weiter.
Flüssigkeitsverlust immer ausgleichen – besonders im Sommer!
Ein erwachsener Mensch verliert täglich circa 2,5 Liter Wasser durch Ausscheidungen und über die Haut. Um den eigenen Flüssigkeitshaushalt auszugleichen, muss man diese Menge auch wieder zuführen. Durch feste Nahrung nimmt man automatisch knapp 0,9 Liter zu sich. Ein Erwachsener sollte deshalb zusätzlich mindestens 1,5 Liter Wasser am Tag trinken. Gerade im Sommer sollten Menschen mit Blasenschwäche daran denken, ausreichend zu trinken. Bei zu geringer Flüssigkeitszufuhr besteht sonst nicht nur die Gefahr einer Harnwegsinfektion, sondern auch das Risiko von Kreislaufproblemen. Dies gilt umso mehr, wenn man sich körperlich mehr zumutet als gewohnt.
Inkontinenz ist eine Volkskrankheit und trotzdem immer noch ein Tabu
Viele Menschen in Deutschland haben Kontinenzprobleme: Rund zehn Millionen Männer und Frauen sind davon betroffen; und ihre Zahl steigt ständig an. Frauen leiden deutlich häufiger an Inkontinenz als Männer, wobei die Gründe für eine Blasenschwäche vielfältig sein können: Bei Männern tritt ein unwillkürlicher Urinverlust häufig als Folge einer Prostata-Operation (z.B. einer Prostatektomie) auf oder nach anderen operativen Eingriffen am Becken. Bei Frauen ist in jungen Jahren häufig eine Entbindung oder Leistungssport der Grund, später können die Wechseljahre, eine Bindegewebsschwäche oder eine Operation verantwortlich sein.
Inkontinenz ist in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema, obwohl mehr als 50 Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind. Viele Betroffene scheuen sich davor, einen Arzt aufzusuchen, weil ihnen ihr Leiden peinlich ist oder sie sich deshalb schämen. Dabei gilt bei dieser Erkrankung wie bei vielen anderen: Je früher eine gezielte Diagnostik durchgeführt wird und eine qualifizierte Behandlung folgt, umso besser sind die Chancen, Kontinenzprobleme zu lindern oder auch gänzlich zu beheben.