Woche der seelischen Gesundheit vom 10. bis 20. Oktober
Experte der Paracelsus-Kliniken rät dazu, erste Anzeichen nicht zu verdrängen / Erkennen der Symptome erhöht die Chancen auf eine rechtzeitige Behandlung
Angst vor einer Infizierung, drohende Vereinsamung, Sorgen um die eigene Existenz – noch sind die psychischen Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht überwunden, da kommen mit dem Krieg in der Ukraine, der hohen Inflation und wachsenden Anzeichen des Klimawandels weitere beklemmende Gefühle in das tägliche Leben. „Wir leben in einem zunehmenden Umfeld der Krise und der psychischen Belastungen“, diagnostiziert Helmut Platte, Oberarzt der Paracelsus Roswithaklinik in Bad Gandersheim, einer der größten psychosomatischen Rehabilitationskliniken in Niedersachsen. „Da wundert es nicht, wenn Menschen Ängste entwickeln.“ Zusammen mit seinen Kollegen sieht er bei Patientinnen und Patienten, aber auch in der Gesellschaft vermehrt Anzeichen für wachsende Angstzustände. „Selbst starke Persönlichkeiten mit einem hohen Maß an Resilienz berichten mir in den Therapiesitzungen von ihrer außergewöhnlichen Beunruhigung anlässlich der vielfältigen Bedrohungen“, ergänzt der Arzt.
Alarmzeichen frühzeitig erkennen
Wie die meisten psychischen Erkrankungen kommen auch Angststörungen häufig unbemerkt und schleichend, nicht selten sogar zusammen mit weiteren psychischen Erkrankungen, depressiven Störungen oder Suchterkrankungen. Experten von Paracelsus raten deshalb anlässlich der Woche der seelischen Gesundheit dazu, die Alarmzeichen des eigenen Körpers ernst zu nehmen. „Die Anzeichen einer Angststörung können von Person zu Person unterschiedlich sein, da Ängste verschiedene Formen annehmen können”, erklärt Helmut Platte. „Und nicht immer steckt dahinter gleich eine Erkrankung. Gelegentliche Ängste oder Sorgen sind ein normaler Bestandteil unseres Lebens. Eine erstzunehmende Angststörung liegt erst vor, wenn die Symptome übermäßig intensiv, langanhaltend und störend sind und das tägliche Leben beeinträchtigen.”
Menschen mit Angststörungen erleben anhaltende und übermäßige Sorgen und Ängste über verschiedene Dinge, oft ohne erkennbaren Grund. Ihre Angst kann sich auch in körperlichen Symptomen manifestieren, wie Herzklopfen, Zittern, Schwitzen, Schwindel, Atembeschwerden, Magenproblemen oder Muskelverspannungen, insbesondere im Nacken und Schulterbereich. Betroffene sind ständig nervös oder unruhig, selbst wenn es keinen offensichtlichen Auslöser gibt. „Man versucht gern, bestimmte Beschwerden zu ignorieren oder sie anderen Ursachen zuzuschreiben ”, weiß der Oberarzt. „Schlaflosigkeit, Albträume oder häufiges Aufwachen in der Nacht können auf eine Angststörung hinweisen. Wenn man versucht, bestimmte Situationen, Orte oder Aktivitäten zu vermeiden, um die Angst zu reduzieren – dann sind das schon eindeutige Symptome.”
Selbstzweifel und Panikattacken
Am belastendsten aber sind für Betroffene die eigenen Selbstzweifel. Sie kritisieren sich selbst stark, stellen ihre Fähigkeiten und Entscheidungen infrage, können sich kaum auf Aufgaben oder Aktivitäten konzentrieren, da die Gedanken von den Ängsten dominiert werden. Soziale Kontakte werden nicht selten eingeschränkt oder ganz vermieden, um unangenehme Gefühle zu verhindern. Im schlimmsten Fall drohen plötzliche und intensive Panikattacken mit Symptomen wie Herzrasen, Atemnot und starkem Unbehagen. „Wer meint, dass er selbst, oder jemand Bekanntes Anzeichen einer Angststörung zeigt, sollte unbedingt professionelle Hilfe suchen”, rät Helmut Platte. „Vor dem Gang zum Psychiater oder Psychologen sollte dabei auf jeden Fall der Besuch des Hausarztes stehen.“
Denn nicht selten gehen Angststörungen eng mit körperlichen Ursachen einher, wie neurologischen, Lungen- oder Herz-Kreislauferkrankungen sowie Störungen im Hormon- und Elektrolythaushalt. Selbst Medikamente können als Nebenwirkung Angststörungen auslösen. „Eine frühzeitige Diagnose und angemessene Behandlung können helfen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern”, so der Arzt. Empfehlenswert ist auch in der möglichen Wartezeit auf eine Behandlung bereits Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe (www.nakos.de oderwww.angstselbsthilfe.de ) zu suchen.
Schnelle Hilfe in Bad Gandersheim
An der Paracelsus Roswithaklinik in Bad Gandersheim hat man darüber hinaus zur schnellen Hilfe schon 2005 im Rahmen der Integrierten Versorgung das Modell einer sektorübergreifenden Behandlung psychisch Erkrankter in einer Reha-Klinik entwickelt. Dieser Ansatz verbindet – einmalig in Niedersachsen – den ambulanten und stationären Sektor durch Einleitung und Aufnahme einer stationären Psychotherapie innerhalb einer Woche und sich anschließender ambulanter Nachsorge.
Dass dies möglich ist, liegt an der guten Vernetzung der Klinik mit über 250 qualifizierten Einweisern in der Region und mehr als 40 Krankenkassen. Vertragspartner sind unter anderem Hausärzte, Nervenärzte, und psychologische Psychotherapeuten. „Durch die ausgezeichnete Kooperation von niedergelassenen Kollegen und Klinik können Betroffene rasch einen wohnortnahen Behandlungsplatz erhalten”, so Helmut Platte. Bis zu 300 Patientinnen und Patienten kommen im Jahr im Rahmen dieses Modells Einschränkung: Das Programm ist nur für Erwachsene ab 18 und nicht für Senioren über 75 Jahre geeignet. Und Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen oder die sich selbst und andere gefährden, können nicht behandelt werden. Bei Fragen hilft meist ein Anruf bei der Paracelsus Roswithaklinik unter 05382/917-384 oder eine E-Mail an Elona.bechler@pkd.de
Aktionswoche klärt auf
Vom 10. bis 20. Oktober 2023 setzt sich die Aktionswoche der Seelischen Gesundheit mit dem Thema „Angst“ auseinander. Unter dem Motto „Zusammen der Angst das Gewicht nehmen” stehen bundesweit Vorträge, Workshops, Podcasts und Kunstausstellungen auf dem Programm. Im Verlauf der zehn Tage stellen Selbsthilfeverbände, psychosoziale Einrichtungen und Initiativen in rund 100 Regionen und Städten ihre Hilfs- und Beratungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen vor. Gemeinsam rufen alle Beteiligten dazu auf, psychische Belastungen ernst zu nehmen und psychisch Kranke vor Ausgrenzung zu schützen. Darüber hinaus sollen Betroffene oder von psychischen Erkrankungen bedrohte Menschen dazu bewegt werden, Hilfsangebote zu nutzen. Organisator ist das Aktionsbündnis seelische Gesundheit, ein Zusammenschluss aus 150 Organisationen. Nähere Informationen gibt es im Internet unter https://www.seelischegesundheit.net/aktionen/aktionswoche/