Wer die Diagnose Parkinson erhält, hat meist bereits motorische Symptome wie Zittern oder Bewegungsstörungen. Bislang gab es keine Möglichkeit, die Krankheit frühzeitig zu erkennen. Bei Diagnosestellung läuft der Erkrankungsprozess im Gehirn schon viele Jahre. Das könnte sich nun ändern. Im Rahmen der PPMI-Studie (der Parkinson’s Progression Markers Initiative, der von der Michael J. Fox Foundation for Parkinson’s Research (MJFF), geförderten, weltweit größten Parkinson-Biomarker-Studie) ist es gelungen, anhand eines biologischen Testes die Erkrankung nachzuweisen, noch bevor erste Symptome auftreten.
Mit dem neuen Test, dem so genannten Alpha-Synuclein-Seed-Amplification-Assay (αSyn-SAA), konnte das bei Parkinson fehlgefaltete Protein Alpha-Synuclein im Nervenwasser der Studienteilnehmer*innen nachgewiesen werden. „Die Validierung dieses Biomarkers läutet eine neue, biologische Ära in der Parkinson-Forschung ein“, sagte Kenneth Marek, M.D., leitender PPMI-Forscher und Präsident und leitender Wissenschaftler am Institute for Neurodegenerative Disorders in New Haven, der das Studienteam in der Paracelsus-Elena-Klinik schon mehrfach und zuletzt vor einigen Wochen besucht hat.
Und auch die Chefärztin der Paracelsus-Elena-Klinik, Prof. Dr. med. Brit Mollenhauer, ist sich der enormen Bedeutung dieser neuesten Studienergebnisse, die in der vergangenen Woche in »The Lancet Neurology« veröffentlicht wurden und an der sie aktiv als Forscherin und Mitautorin beteiligt ist, sicher: „Seit vielen Jahren ist es ein Ziel unserer Forschung, einen eindeutigen Test zum Nachweis der Parkinsonerkrankung zu entwickeln. Die aktuellen Ergebnisse können ein Durchbruch in der Parkinsonforschung sein und es uns ermöglichen, die Erkrankung frühzeitig und sicher zu diagnostizieren sowie das Risiko für Patienten darzustellen. Das hat uns vor allem der Entwicklung neuer Medikamente bisher immer gefehlt hat.“
Forschungsergebnisse zur Parkinson-Früherkennung mit direkter Beteiligung der Paracelsus-Elena-Klinik
Die Paracelsus-Elena-Klinik ist seit vielen Jahren als eines der Top-Rekrutierungszentren in Europa an der PPMI-Studie beteiligt. „Somit sind auch zahlreiche Proben aus Kassel in die Ergebnisse zum Alpha-Synuclein-Seed-Amplification-Assay eingeflossen. Das unterstreicht die Relevanz unsere Arbeit, die wir in Kassel als Forschungsstandort für die Parkinsonforschung leisten und wir sind stolz, durch unsere eigene Studie und die enge Zusammenarbeit mit der Michael J. Fox Foundation an diesem Forschungserfolg beteiligt zu sein“, so Mollenhauer.
Denn bereits vor einigen Wochen kam die klinikeigene Langzeit-Studie DeNoPa der Paracelsus-Elena-Klinik Kassel zu sehr ähnlichen Ergebnissen zum Alpha-Synuclein-Assay. Diese sind nun auf der Titelseite der Fachzeitschrift Movement Disorders in der aktuellen Ausgabe veröffentlicht worden.
Die Forschungsergebnisse im Rahmen der PPMI-Studie stützen sich auf die Untersuchung von mehr als 1.100 Proben von PPMI-Teilnehmer*innen, von denen über die Hälfte an Parkinson erkrankt waren. Die anderen Teilnehmenden waren Kontrollpersonen, kamen aus Risikogruppen oder Gruppen mit Vorerkrankungen, wie Schlafstörungen und Geruchsverlust – beides frühe Anzeichen für Parkinson.
Das Testergebnis
Bei insgesamt 88 Prozent der Teilnehmenden mit einer Diagnose konnte die Methode Parkinson nachweisen. Bei Personen, bei denen es keine bekannte genetische Vorbelastung gab, hatten 93 Prozent ein positives αSyn-SAA-Ergebnis. Bei Personen mit Vorerkrankungen schwankten die positiven Testergebnisse dagegen zwischen 96 Prozent und 68 Prozent. Das stärkste Symptom bei einem positiven Test war den unterschiedlichen Gruppen jedoch gemein: der Verlust des Geruchssinns. Von allen Proband*innen, die einen Geruchsverlust hatten, wiesen 97 Prozent ein positives αSyn-SAA-Ergebnis auf.
Von den Teilnehmenden wurden Proben ihres Nervenwassers genommen. Das ist eine Flüssigkeit, die im zentralen Nervensystem, im Hirn und Rückenmark, vorkommt. Diese Methode ist gleichzeitig auch die Schwachstelle des Tests; „Leider braucht es für diesen Assay immer eine Nervenwasseruntersuchung und die anschließende Analysemethode wird noch nicht in der Routine angewendet“, erklärt Prof. Mollenhauer den einzigen Nachteil der neuen Testmöglichkeit. Dennoch, der Assay ist vielversprechend und soll nun auch helfen, weitere Studien zu Wirkstoffen zu starten, die das Potenzial haben, präventiv zu wirken und eine Erkrankung an Parkinson dadurch zu verhindern.
Einfacher jedoch wäre ein solches Verfahren für Biomarker im Blut. Einen solchen Bluttest zu entwickeln oder einen Nasenabstrich zur frühen Diagnosestellung zu finden, ist die große Hoffnung der Neurologin aus Kassel. Sie arbeitet mit ihrem Forschungsteam im Labor der Universitätsklinik Göttingen mit Hochdruck daran, diese Hoffnung bald Wirklichkeit werden zu lassen.