Tanztherapeutin Gudrun Zacher
27. April 2022 

Tanztherapie für Krebspatienten

Seit 18 Jahren gehört die Tanztherapie für Krebspatienten zum psychoonkologischen Konzept der Paracelsus Klinik Scheidegg, weil sie helfen kann, Körper- und Selbstwahrnehmung zu verbessern und Vertrauen in den Körper zu gewinnen. Tanztherapeutin Gudrun Zacher, erklärt, wie eine Therapiestunde abläuft und was sie bei Krebspatienten bewirken kann.

Bereits vor 18 Jahren hat die Paracelsus Klinik Scheidegg die Tanztherapie in ihr psychoonkologisches Konzept integriert. Denn laut einer Studie der Klinik für Tumorbiologie der Universität Freiburg zur Wirksamkeit der Tanztherapie bei Krebspatienten, ist die Tanztherapie in der Lage, heilsame emotionale Veränderungen sowie Verbesserungen im Körperbild und Selbstwertgefühl der Betroffenen herbeizuführen. Das ist gerade für Krebspatienten wichtig, die mit Worten allein nicht den richtigen Weg finden, um die Krankheit zu verarbeiten. Eine Krebserkrankung macht fassungs- und sprachlos und wirkt sich negativ auf das Körpererleben aus. Daraus entstehen häufig starke emotionale Reaktionen wie Angst, Wut und Trauer, die kein Ventil finden. Auch stehen die Patienten häufig unter enormer innerer und äußerer Anspannung. Dazu kommt, dass wir häufig in unserer „kopflastigen“ Zeit verlernt haben, die Botschaften unseres Körpers wahrzunehmen – geschweige denn, ernst zu nehmen.

Was kann man sich unter Tanztherapie vorstellen? Wie sieht eine Therapiestunde aus? Fragen an Gudrun Zacher, die seit 18 Jahren die Tanztherapie in der Paracelsus Klinik Scheidegg durchführt.

Wie läuft eine Tanztherapie in der Gruppe ab?

Nach ein paar Einführungssätzen gibt es eine Einheit, um in Bewegung zu kommen und die Aufmerksamkeit auf die Gegenwart zu richten. Daran schließt sich der Hauptteil mit einem bestimmten Thema an. Am Ende findet jede für sich einen stimmigen Abschluss in der Bewegung (Integration). Auch sollte am Ende der Therapiestunde ein Abschlusskreis mit verbaler Reflektion stehen.

Was bewirkt die Tanztherapie bei Krebspatienten?

In der Tanztherapie gibt es kein Können oder Leisten – es geht nicht um Richtig oder Falsch, sondern um das individuelle Erleben. Es geht darum, Achtsamkeit gegenüber den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen, aber auch Grenzen zu entwickeln. So kann im geschützten Rahmen jeder über die authentische Bewegung den eigenen Körper neu erleben und hieraus Lebensfreude und Vertrauen schöpfen.

Welche Erfahrungen machen Patientinnen dabei?

Sie erfahren, dass sie sein dürfen wie sie gerade sind und vieles möglich ist. Zum Beispiel, sich über die Bewegung zu entspannen, loszulassen, sich Raum zu nehmen, in Kontakt zu gehen ohne sich selber zu verlieren, wohlwollend zu sich selber und anderen zu sein, die eigene Kraft wieder zu spüren, Leichtigkeit neu zu entdecken, auch mal ausgelassen und verrückt sein zu dürfen usw.

Was sollen Patientien aus Ihrer Sicht vor allem mit Hilfe der Tanztherapie lernen bzw. erfahren?

Patienten bekommen die Möglichkeit bei sich anzukommen, ihre Wahrnehmung für Körper und Seele zu erweitern, Gefühle zuzulassen und sich und ihren Körper wertzuschätzen. Mir ist es wichtig, dass sie ihr eigenes Erleben ernst nehmen und liebevoller mit sich selber umgehen.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie?

Ich erlebe viele berührende Momente und bekomme auch viel positives Feedback: „Beim Tanzen wird mein Kopf frei von Sorgen“, „Ich habe doch glatt meine Schmerzen vergessen“, „Das freie Bewegen eröffnet mir neue Räume und fühlt sich so gesund an“, „Ich habe MICH wiedergefunden“ „Hinterher fühle ich mich leicht und entspannt“. Das sind nur einige Rückmeldungen, die ich regelmäßig höre.

Was sollen Patienten zur Tanztherapie mitbringen?

Außer leichten Turnschuhen, Gymnastikschläppchen oder Stopper Socken, bequemer Kleidung und etwas zum Trinken bringt jeder nur sich selbst mit, so wie er gerade ist. Mein Arbeitsmaterial ist hauptsächlich die Musik. Manchmal nutze ich auch Tücher oder Postkarten.

Braucht man einen Tanzpartner?

Nein, aber ab und zu biete ich die Möglichkeit einer kleinen Erlebniseinheit zu zweit an.

Können an dem Therapieangebot Frauen und Männer teilnehmen?

Eigentlich gilt das Angebot für alle Patienten. Interessanterweise nehmen aber fast ausschließlich Frauen an der Tanztherapie teil. Das liegt wahrscheinlich einerseits am hohen Frauenanteil der Klinik. Denn sie ist ja auf Brustkrebs spezialisiert. Andererseits spricht dieses Therapieangebot wahrscheinlich auch eher Frauen an.

Kann/Sollte man die Tanztherapie auch zu Hause fortführen?

Wenn jemand positive Erfahrungen in der Klinik gemacht hat, finde ich es durchaus sinnvoll, dies auch weiterhin für sich zu nutzen.

Gibt es Angebote auch außerhalb von Reha-Kliniken?

Im Internet findet man Angebote für Tanztherapie nach Krebs. Ich biete ebenfalls Kurse und Seminare an. Sie findet man auf meiner Website www.akzep-tanz.com.

Zur Person:

Gudrun Zacher, geboren in Hückeswagen, Nordrhein-Westfahlen, 60 Jahre alt, schloss ihre tanztherapeutische Ausbildung im Institut WENDEPUNKT in Ratzenried ab. Außerdem absolvierte sie eine Ausbildung zur Kreativen Leibtherapeutin im Institut ZUKUNFTSWERKSTATT therapie kreativ in Neukirchen-Vluyn und machte die Weiterbildung „Coaching in Gesundheitsberufen“ in Bad Tölz. Zusätzlich ist Gudrun Zacher AZUL Conscious Movement Teacher und Heilpraktikerin Psychotherapie. Seit Januar 2004 ist sie für die Paracelsus Klinik Scheidegg als Tanztherapeutin tätig.

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