4. Februar 2021 

Experten von Paracelsus warnen: Lockdown fördert Suchtverhalten

  • Isolation und Ängste lassen Menschen zur Flasche greifen
  • Steigende Zahl von Abhängigkeitserkrankungen nach der Pandemie erwartet
  • Frühzeitiges Erkennen von gefährlichem Verhalten kann ernste Folgen vermeiden
  • Kliniken in Bad Essen behandeln weiter und bieten unverbindliche Beratungsgespräche an

„Es ist ein Brauch von alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör!“ ­– hinter diesem vielzitierten Vers von Wilhelm Busch steckt eine bittere Wahrheit: Menschen greifen in Krisenzeiten vermehrt zu Alkohol und anderen Suchtmitteln. „Es gibt mittlerweile Untersuchungen, die belegen, dass im ersten Lockdown rund ein Drittel mehr Weinflaschen und klare Spirituosen verkauft wurden als im Vergleichszeitraum des Vorjahres“, erklärt Dr. Peter Subkowski, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Paracelsus Berghofklinik Bad Essen, einer Rehabilitationsklinik für Abhängigkeitserkrankungen. „Der Alkoholkonsum hat sich darüber hinaus wegen geschlossener Kneipen und Restaurants zunehmend ins Private verlagert.“ Nach Untersuchung des Zentralinstituts für seelische Gesundheit in Mannheim gibt jeder Dritte (37,4 %) an, in der Corona-Krise mehr Alkohol getrunken zu haben. Zahlen, die Suchtexperten bei den Paracelsus Kliniken alarmieren.

Angst und Isolation führen in die Sucht

„Es sind vor allem Ängste und die soziale Isolation, die Menschen in den Alkohol flüchten lassen“, weiß Dr. Subkowski. „In der Corona-Krise haben viele von uns mehr Stress, mehr Konflikte und mehr Einsamkeit erlebt. Das reicht von veränderten Arbeitsbedingungen mit Homeoffice, Kurzarbeit und Angst um den Arbeitsplatz über die angespannte Familiensituation mit Kinderbetreuung und Home-Schooling bis zu dem Gefühl des Verlassenseins vor allem bei Singles und älteren Menschen. Telefonate und Videokonferenzen sind eben kein Ersatz für das reale Treffen mit Menschen.“ Ganz vorn dabei ist natürlich auch die Angst, Angehörige durch das Virus zu verlieren, oder sich selbst anzustecken und zu sterben. Die Folgen sind psychische Erkrankungen wie Depressionen und Traumata, aber eben auch ein gesteigertes Verlangen, aus dieser Situation zu fliehen, Anspannungen zu reduzieren und sich „etwas Gutes“ zu tun. „Da sind billige und schnell verfügbare Drogen wie Alkohol sehr verlockend – in allen Gesellschaftsschichten“, so Dr. Subkowski. Über Jahre hinweg haben er und seine Kollegen in den beiden Spezialkliniken für Abhängigkeitserkrankungen in Bad Essen, der Paracelsus Berghofklinik und der Paracelsus Wiehengebirgsklinik mit zusammen über 270 Behandlungsplätzen, Menschen mit einem analytisch-tiefenpsychologischen Konzept auf dem Weg aus der Abhängigkeit begleitet. Gefährdet sind – so die Bad Essener Erfahrungen – vor allem psychisch labile Menschen, die schon vorher Probleme mit Alkohol hatten. Weil jetzt die soziale Kontrolle durch Kollegen, Freunde und Bekannte entfällt und eine stabile Tagesstruktur fehlt, steht dem ungehemmten Konsum nichts mehr entgegen. „Das erste Glas Wein vor der morgendlichen Videokonferenz ist kein Problem, weil es keiner sieht und riecht“, bringt Dr. Subkowski es auf den Punkt. Die Suchtfolge- und Begleitschäden, die so durch die Corona-Pandemie und die Corona-Maßnahmen ausgelöst wurden und werden, sind nach Ansicht des Experten erheblich und derzeit in ihrer Gänze noch gar nicht zu erfassen.

Gravierende Steigerung bei Suchterkrankungen erwartet

„Wir befürchten, dass auch der Konsum anderer, insbesondere illegaler Substanzen, über die es keine offiziellen Statistiken gibt, in der Krise zugenommen hat“, prognostiziert Dr. Subkowski. „Auch der Konsum von Fernsehen, Streaming-Diensten und Videospielen hat mit Sicherheit erheblich zugenommen. Das Thema ‚Medienabhängigkeit‘ wird uns noch viele Jahre verfolgen.“ Dazu kommt, das merken Dr. Subkowski und seine Kollegen in den Suchtfachkliniken von Paracelsus besonders, dass das Hilfesystem nicht mehr funktioniert. Es gibt keine Selbsthilfegruppen mehr, die Suchtberatungsstellen mussten ihre Präsenzzeiten deutlich herunterfahren, Hausbesuche von psychosozialen Diensten sind reduziert und die psychiatrische Krankenpflege auf das Notwendigste begrenzt. „Gerade jetzt ist es wichtig, dass Gefährdete Hilfe bekommen, egal ob Einsteiger oder vom Rückfall Bedrohte“, fordert Dr. Subkowski. „Da fallen Menschen aktuell durchs Raster.“ Deutlich wird das bei Paracelsus bereits jetzt an der gesunkenen Zahl von Anträgen auf eine Rehabilitation im Vergleich zu Zeiten vor der Krise. „Wir müssen nach der Pandemie mit vielen rückfälligen alkoholkranken Menschen rechnen und mit einer Welle von neuen gefährdeten und abhängigen Menschen“, so Dr. Subkowski.

Behandlung läuft weiter

Die Paracelsus Kliniken in Bad Essen haben den Kampf gegen die Windmühlen aufgenommen. Dank eines besonders ausgearbeiteten engmaschigen Hygiene- und Testkonzepts ist eine Weiterbehandlung von Patienten möglich. Allerdings senken die Corona-Bedingungen die Kapazitäten bei Unterbringung und Behandlung auf ein Minimum. Beliebte Aktivitäten wie Schwimmen, Sauna oder gemeinsames Singen sind gar nicht mehr möglich und mussten aus dem Behandlungskonzept gestrichen werden. Auch die Art der Therapie hat sich geändert. „Eine Gruppensitzung mit Maske ist nicht zu vergleichen mit einer echten Face-to-Face Situation”, erklärt Dr. Subkowski. „Aber wir geben unser Bestes, um möglichst vielen Menschen zu helfen, und bereiten uns auf den kommenden Patientenansturm bei Abhängigkeitserkrankungen vor. Schon jetzt haben wir in der Psychosomatik Wartezeiten von fast zehn Monaten.“ Und auch die hauseigene Indikationsgruppe zur Behandlung von Spielsucht und Medienabhängigkeit bereitet sich auf den Start nach der Pandemie vor.

Rechtzeitiges Erkennen kann helfen

Menschen, die das Gefühl haben, dass ihr Alkoholkonsum einen kritischen Punkt erreicht hat, rät Dr. Subkowski, sich genau zu beobachten. „Wenn ich merke, dass das Leben mir entgleitet, dass Alkohol zu einem Mittelpunkt meines Lebens wird, dass das Trinken ständig mehr wird und ich es trotz guter Vorsätze nicht schaffe, einige Tage ohne Alkohol auszukommen, dann ist ein kritischer Punkt erreicht“, so der Arzt. „Ein wichtiger Indikator sind auch Probleme mit Familienangehörigen oder dem Lebenspartner. Wenn es Streit oder Gewalt wegen des Alkoholkonsums gibt, ist das ein Alarmzeichen, sofort zu reagieren. Das gilt sowohl für die Betroffenen als auch für die Angehörigen.“ Diese sollten Probleme direkt und deutlich ansprechen und nicht zögern, Konsequenzen zu ziehen. Nur so könne ein Betroffener auf sein Problem aufmerksam gemacht werden. Richtig, so der Chefarzt, sei es darüber hinaus, die nächsten Schritte einer Behandlung rechtzeitig anzugehen. Da, wo derzeit Suchtberatungsstellen und Selbsthilfegruppen nicht zur Verfügung stehen, rät der Experte, den Hausarzt aufzusuchen. Er kann sehr schnell feststellen, ob bereits erste körperliche Schäden durch Alkohol entstanden sind. Und eine rechtzeitige Entwöhnungsbehandlung in einer erfahrenen und gut aufgestellten Rehabilitationsklinik wie den Kliniken von Paracelsus in Bad Essen, kann dann mögliche gravierende Folgeschäden für den Patienten und seine Umgebung verhindern.

Vorgespräche jederzeit möglich

In Bad Essen gibt es auch die Möglichkeit, unverbindliche Vorgespräche mit Ärzten für die Fachgebiete Sucht und Psychosomatik zu führen. Wer wissen will, welche nächsten Schritte für ihn die besten sind, kann sich in Corona-Zeiten telefonisch direkt an die Kliniken wenden.

Kontakt zu den Kliniken:

Paracelsus Berghofklinik Bad Essen
Fachgebiete Alkohol, Medikamente, Lifestyle-Drogen, Spielsucht, stoffliche Abhängigkeit

Chefarzt Dr. Peter Subkowski, Telefon: 05472 935-167

Paracelsus Wiehengebirgsklinik Bad Essen                                                                                  Fachgebiete Alkohol, Medikamente, kombinierte Reha Suchterkrankungen und Orthopädie

Chefarzt Jacek Namyslowski, Telefon: 05472 405-158

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